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Letzte Chance: Noch kann das Steuer herumgeworfen werden

Stressphase

49 bis 56

 

Wenn der große Leistungsknick schon mit 50 einsetzt, ist es höchste Zeit, das Steuer herumzuwerfen. Es ist sozusagen „fünf Minuten vor zwölf”. Dieser große Leistungsabfall, besonders auch in geistiger Hinsicht, kommt bei denen umso

Patienten legen dies dann gerne so aus: „Die Hetze im Betrieb hat mein Herz kaputtgemacht.” Oder: „Das Leben in der Großstadt ist mir nicht bekommen.” Die eigentliche Ursache für diese Entwicklung wird nicht erkannt oder verschwiegen. Bei näherer Betrachtung stellt sich nämlich nicht selten heraus, dass solche Patienten seit vielen Jahren zu den Kettenrauchern zählen, sich kaum Bewegung zumuten, sich aber jeden Konsum aufdrängen lassen und allerlei Nervenkitzel genießen. Sie klagen dauernd über Arbeitsüberlastung, verschweigen aber, dass sie sich die Nächte um die Ohren schlagen und allmorgendlich unausgeschlafen ihren Arbeitsplatz aufsuchen. Sie sind fremdgesteuert und wissen es nicht oder wollen es nicht wahrhaben. Sie konsumieren alles, was das Fernsehen ausstrahlt – Unterhaltung und Werbung, Politik und Klamotte. Ihre Meinung wird gemanagt. In allgemein verständlicher Weise werden Weltanschauungen „verkauft” und griffige Stellungnahmen zugeworfen. Sie brauchen nicht mehr selbst zu denken, sie lassen denken. Das Fernsehen ist schon derart zu ihrem „Suchtmittel” geworden, dass sie sich kaum noch distanzieren können.

Sie identifizieren sich schließlich mit den wechselnden Bildern auf dem Bildschirm und sind geradezu von ihnen besessen. Sie stehen ihnen letztlich in einem eigentümlich geistig herabgeminderten Zustand von Benommenheit und Kritiklosigkeit gegenüber.

 

Fremd gesteuert

in die Passivität

 

Die rasende optische Reizfolge verdrängt die eigene geistige Leistung. Das aktive individuelle Erlebnis wird ersetzt durch die passive Entgegennahme von wahllosen und wertlosen Informationen. Das ist nicht nur optischer, sondern auch psychischer Stress. Die Folge ist Lernmüdigkeit und schließlich auch Lernunfähigkeit. Geistige Verkümmerung zieht aber unweigerlich körperliche Schäden nach sich, ganz abgesehen von den fatalen Folgen des totalen Bewegungsmangels. Jene aber, die noch nicht den großen Leistungsknick gespürt haben, sollten die allerletzte Chance zu einer Änderung ihrer Lebensweise nutzen.

Ein erster Schritt wäre, sich bewusst zu machen, wohin das Fehlverhalten im Alltag schon in naher Zukunft führen muss. Aus dieser Erkenntnis heraus sollten sie sich aktiv gegen jeden Konsumterror zur Wehr setzen, auch wenn sie Gefahr laufen, als Außenseiter dieser Gesellschaft abgestempelt zu werden. Jede Art von Übermaß muss gestrichen werden. Essen darf nicht zu einer „Fressorgie”, Unterhaltung nicht zu einem Dauernervenkitzel, Sexualität nicht zu einem Akt der Leistung werden. Der Mensch um die 50 muss angesichts der Bedrohung wieder lernen, auch mit kleinen Dingen zufrieden zu sein. Er muss versuchen, seine Lebensweise mit den Möglichkeiten seines Organismus in Einklang zu bringen.

Wenn er es lernt, jeglicher schädlichen Belastung aus dem Wege zu gehen, braucht er sich keinesfalls zu einem Muffel zurück zu entwickeln. Gerade in diesen kritischen Jahren sollte man versuchen, die Schönheiten dieser Welt von einer höheren Warte zu genießen. Trotz aller nötigen Beschränkung sollte auch das Essen kultiviert werden und wieder Freude bereiten. Jetzt muss insbesondere auf Qualität geachtet werden. Mit fortschreitendem Lebensalter steigt der Eiweißbedarf um 50 Prozent an, während der Fett- und Kalorienbedarf zurückgeht. Leider ändern nicht wenige Menschen ihre Essgewohnheiten. Es wird weiterhin alles in sich hineingestopft was den Gaumen erfreut. Nichts ist gegen Genuss in Maßen einzuwenden. Kritisch wird es erst, wenn jetzt immer noch nicht die übermächtigen Kalorienbomben zumindest teilweise durch Rohkost, Vollkorn- und Eiweißprodukte wie Milch, Eier, Quark und Joghurt ersetzt werden.

Unbearbeitete Naturprodukte wie Vollkorn und Haferflocken haben absoluten Vorrang vor ausgemahlenem Korn, wie es z. B. in Kuchen und Weißbrot vorkommt. In der äußeren Hülle, die bei der Bearbeitung  des Getreides entfernt wird, befinden sich nahezu 75 Prozent der Vitamine.

Bei einer ausgewogenen und zugleich naturbelassenen Ernährung wird automatisch das Übergewicht reduziert, was zu einem Rückgang der beschriebenen Krankheiten führt. Wer an diesem Punkt angelangt ist, hat es geschafft: Er ist aus einem verderblichen Teufelskreis ausgebrochen.

Wer es zudem noch vollbracht hat, sich vom unnötigen und schädlichen Ballast der „modernen” Zivilisation zu befreien, hat zugleich den Durchbruch in eine neue Zukunft geschafft. Die Welt erscheint ihm neu – wie durch frisch geputzte Brillengläser. Er spürt, dass seine Zurückhaltung gegenüber all den kurzlebigen Verlockungen keine Schwäche, sondern eine Stärke ist. Er ist den falschen Werbungen nicht mehr ausgeliefert. Er fühlt sich zum ersten Mal wirklich frei.

Felix H. Bendig, Medizinjournalist, Mentaltrainer und Buchautor

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