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Unangenehme Randerscheinungen in den Wechseljahren des Lebens

Stressphase

42 bis 49

 

Die so genannten Wechseljahre der Frau wie auch des Mannes, das Klimakterium, sind ein normaler biologischer Ablauf, der nicht unbedingt einer besonderen Aufmerksamkeit bedarf. Wenn hier dennoch im Zusammenhang mit Stress-Erscheinungen in verschiedenen Lebensabschnitten die Rede davon ist, so sollen bewusst einmal die psychischen Randerscheinungen beleuchtet werden.

Der Mensch jenseits der 45 weiß, dass seine Leistungskraft nicht mehr wie früher ist, er spürt auch, dass ganz bestimmte biologische Funktionen schwächer und langsamer werden. Der rasche Abbau der Sexualhormone bringt das ganze übrige Drüsensystem in Unordnung. Der hormonelle Regulationsmechanismus hat Mühe zu kompensieren, wird instabil.

Besonders bei Frauen, wo diese Entwicklung merklicher vor sich geht als bei Männern, treten Blutdruckschwankungen, Herzjagen, Schweißausbrüche und andere Missempfindungen auf.

Will man sich in die Lage dieser „Wechseljährigen” versetzen, so muss man sich zunächst vergegenwärtigen, mit welchen Konflikten Jugendliche im Alter der Pubertät fertig werden mussten. Die Situation ist nämlich jetzt ganz ähnlich, nur mit anderen Vorzeichen versehen.

Ähnlich wie bei Jugendlichen, die eine unterschwellige Angst vor der Geschlechtsreife mit gesteigerter Aggressivität und impulsiven Handlungen zu überspielen suchen, herrscht in den Wechseljahren eine – oft unbegründete – Angst vor dem totalen Verlust der Geschlechtsfähigkeit vor. Frauen befürchten, ihre Weiblichkeit, Männer ihre Männlichkeit zu verlieren. Ist das Stress?

Stressforscher sagen übereinstimmend: Alle Antworten des Organismus auf einen äußeren wie inneren Angreifer erzeugen dann schädlichen Stress, wenn nicht in relativ kurzer Zeit eine Anpassung erfolgt.

 

Die Lebenserwartung

der Frau sinkt

 

Die durch den Abbau bestimmter Hormone bedingte Fehlsteuerung des gesamten hormonalen Systems, eben weil die Hormondrüsen in ihrer Gesamtheit in bestimmter Wechselbeziehung miteinander harmonieren, ist nicht immer von vorübergehender Natur. Insofern hat der Organismus schon über längere Zeit eine beachtliche Anpassungsleistung zu vollbringen.

Hinzu kommt, dass Frauen weitgehend die Vorlieben der meisten Männer für Alkohol- und Tabakgenuss übernommen haben und dafür büßen müssen. Nach einer Untersuchung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) verschiebt sich die bisher günstige Lebenserwartung der Frauen allmählich zugunsten der Männer. Wissenschaftler führen diese Entwicklung zudem noch auf die zunehmende Doppelbelastung der Frau zurück. Haushalt, Familie und Kinder einerseits und der Beruf andererseits haben den „fraulichen Stress” geprägt, der dem der Männer um nichts nachsteht.

Bei einer Frau in den Wechseljahren, besonders bei „kopflastigen“ Karrierefrauen, ist alles noch viel schlimmer. Das seelische Tief führt z. B. nicht selten zu heftigen Kopfschmerzen, besonders bei „alleinstehenden” Frauen oder solchen, die sich dafür halten. Das Nachlassen der Lebenskraft macht sich bei den Mittvierzigern besonders beim Sehorgan bemerkbar. Die Gefahr der Trübung von Linse und Hornhaut ist größer als je zuvor. Infolge von Bluthochdruck, Diabetes und einer Reihe anderer Ursachen verschlackt die Netzhaut mehr und mehr. Zugleich steigt die Empfindlichkeit gegen Blendung. Ein Beispiel: Während sich in der Dunkelheit die Pupille von Jugendlichen noch bis auf acht Millimeter Durchmesser öffnet, beträgt der Durchmesser bei Menschen Mitte vierzig nur noch sechs Millimeter und darunter. Das bedeutet eine erhebliche Herabsetzung der Netzhautbeleuchtungsstärke. Wer diese Veränderung nicht wahrnimmt oder wahrnehmen will, ist im Straßenverkehr ständig Stress-Situationen ausgesetzt.

Zu den rein biologischen Vorgängen, die den gesamten Organismus etwas aus dem Gleichgewicht bringen, gesellen sich seelische Krisen, die oft nur aus verschwommenen Einbildungen und Vermutungen resultieren. Die Frau wird übermäßig empfindlich, hat das Gefühl, von niemandem mehr ausreichend beachtet zu werden, findet plötzlich allen Grund, auf ihren Mann eifersüchtig zu sein und benimmt sich auch sonst wie eine bis dato begehrte Diva, die plötzlich von einer jüngeren, attraktiveren „Darstellerin” abgelöst zu werden droht. So erwarten Frauen dieses Alters z. B. von einer Behandlung mit Östrogenen (weiblichen Geschlechtshormonen) nicht nur eine Linderung ihrer Beschwerden, sondern vielfach auch die Erhaltung oder sogar die Verbesserung ihres Aussehens.

 

Der Ehemann spielt

plötzlich „verrückt”

 

Nicht immer so spektakulär, aber doch recht auffällig gebärdet sich auch der Mann, wenngleich der Abbau der Sexualhormone bei ihm „auf leiseren Sohlen” abläuft. Auch er fühlt sich plötzlich unverstanden, von der Ehefrau, von den Kindern, vom Chef und von den Mitarbeitern. Er möchte plötzlich ausbrechen aus seiner vertrauten Umgebung und etwas ganz Verrücktes tun.

„Verrückt” findet es dann die Ehefrau, wenn ihr sonst so braver Gatte plötzlich jungen Frauen den Hof macht, wenn er mit seinem Aussehen kokettiert und bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu beweisen sucht, dass er noch mit der Jugend mithalten kann.

Das alles ist keineswegs außergewöhnlich, und Eheleute tun gut daran, von plumpen Eifersuchtsszenen abzusehen, zumal es sich erfahrungsgemäß um vorübergehende Erscheinungen handelt, die es nicht wert sind, die Ehe aufs Spiel zu setzen. Wie immer sich die kritischen Jahre des einen oder anderen Ehepartners äußern mögen: Es ist wichtig, dass jeder dem anderen in erhöhtem Maße Verständnis und Einfühlungsvermögen entgegenbringt. Das einfachste Rezept: Berühren Sie sich zärtlich und liebevoll. Schon der reine Hautkontakt löst eine wohlige Explosion von Hormonen aus, die das Gemüt streicheln.

Felix H. Bendig, Medizinjournalist, Mentaltrainer und Buchautor

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